Wie der Galgo uns eroberte - von H.B.
Nachdem unser Hund Maddox ( Husky/Labrador Mix ) in 2016 ganz plötzlich gestorben ist, wollten wir einer armen Seele aus einem Tierheim eine Chance bieten. In den Tierheimen in unserer Gegend fanden wir leider nicht den passenden Gefährten. „Listenhunde“ und Hunde aus Beschlagnahmungen waren in der Mehrzahl. Also begann unsere Suche im Internet. Hier stießen wir zufällig auf eine Galga und waren sofort schockverliebt. Nachdem wir eine Nacht darüber geschlafen hatten, wollten wir uns etwas näher über diese Rasse informieren. Leider war die Webseite nicht aktualisiert und die Galga schon vermittelt. Für uns war es zu spät, wir waren infiziert! Alle Informationen, die wir im Netz fanden, wurden verschlungen. Wir waren schockiert, als wir erfuhren was diesen wunderschönen und edlen Tieren in Spanien angetan wird. Wir hatten keine Ahnung!
Es wurde immer klarer das der Galgo „unser“ Hund ist. Jetzt hieß es den richtigen Verein und den passenden Galgo zu finden. Da wir schwarze Tiere lieben, war es nicht verwunderlich das wir sehr bald über einen wunderschönen schwarzen Galgo gestolpert sind. Diese Augen und dieser Blick.
Colon, wie Jackson damals hieß, sollte es sein. Wir kontaktierten den Verein, nach etwa 3 Telefonaten wurde der Termin für eine Vorkontrolle vereinbart. Die Aufregung war riesig, am liebsten möchte man den Hund sofort haben. Wir mussten fast 2 Wochen warten, dann kam ein sehr nettes Paar mit zwei Galgowelpen, um die Kontrolle zu machen. Das erste mal Galgos live, einfach fantastisch. Das Paar hatte noch zwei weitere Hunde im Auto und wir baten sie, diese auch bitte ins Haus zu holen. Einer der Beiden war ein Irischer Wolfshund... "da war was los in der Hütte". Unser Grundstück und die Wohnlage wurde als Galgo tauglich bewertet, puh, Glück gehabt. Der Vertrag wurde unterschrieben und der Schutzbeitrag bezahlt.
Jetzt hieß es abwarten. Leider wurde der Transport 2 x verschoben, ich bin bald wahnsinnig geworden. Ich habe schon verzweifelt nach einem Flug gesucht, um Jackson persönlich abzuholen. Endlich war es soweit und wir konnten ihn an einen Treffpunkt in Essen abholen. Der Transporter kam pünktlich an, die Übergabe fand in einem gesicherten Gelände statt. Endlich waren wir dran und Jackson wurde aus seiner Transportbox geholt. Er war nur halb so groß wie auf den Bildern, ein Häufchen Elend. Der Moment hat mich so berührt, ich musste weinen.
Nachdem alle Formalitäten erledigt waren, gingen wir im Park noch eine kleine Runde, damit auf der der Rückfahrt (1,5 Stunden) nichts schief gehen kann. Zuhause angekommen sind wir auch gleich nochmal ins Feld, natürlich mit Sicherheitsgeschirr, um den Stress etwas abzubauen. Im Haus angekommen, mussten wir den armen Kerl leider direkt baden, es war aber nach dem langen Transport alternativlos (seitdem musste er auch nicht mehr in die Badewanne) Galgos kennen in der Regel kein Haus von innen. Sie kommen fast alle aus schlechter Haltung. Komischerweise wusste Jackson sofort wozu eine Couch da ist.
In unserem Haus geht es ruhig zu, wir sind selber auch ruhige Menschen und das hat Jackson sehr geholfen. Am Abend wollten wir noch ein wenig Fernsehen schauen und schalteten das Gerät ein, oh je, da ist unser kleines Galgo Tier fast aus dem Fell gefallen. Da wurde uns so langsam klar, auf was wir uns eingelassen haben. Galgos haben eine schlimme Vergangenheit und reagieren mitunter sehr empfindlich und schreckhaft auf ihnen unbekannten Situationen. Die erste Nacht hatten wir gut überstanden mit nur einen Pipiunfall. Dieser sollte auch der Einzige bleiben. Der erste Spaziergang stand am Morgen an. Wir wohnen am Ortsausgang. Wir können in aller Ruhe direkt durch die Felder laufen. Alles verlief super bis der Kompass wieder Richtung Heimat zeigte. Ich konnte es kaum glauben, aber dieser zarte Galgo bockte so sehr, dass ich große Probleme hatte ihn überhaupt wieder nach Hause zu bringen. Plötzlich war er dann auch nicht mehr so eingefallen und hatte seine volle Größe von 74 cm Schultermaß. Wir hatten einen Sturkopf erwischt. Das sollte sich in den nächsten Wochen auch nicht ändern, es waren sehr anstrengende Spaziergänge, teilweise schweißtreibend.
Leider kann man Jackson auch nicht mit Leckereien bestechen. Wir haben alles versucht. Ich habe sämtliche Register gezogen, frisch gebratene Hähnchenbrust, Rinder Streifen, Leberwurst, nichts hat geholfen. Ich musste ihn teilweise fast nach Hause tragen. Jackson wirkte immer sehr autistisch, und das hat sich bis zum heutigen Tag nicht geändert.
Er ist eine ganz zarte Seele, auch äußerlich ist er, trotz seiner Größe, sehr grazil. Ein ganz empfindsamer, sehr sensibler Hund. Wir haben aber trotzdem zusammengefunden und sind unzertrennlich. Der Spaziergang klappte nach ein paar Monaten auch ohne Schwierigkeiten, obwohl er bis heute immer noch die Richtung bestimmen möchte. Mittlerweile können wir uns aber friedlich einigen.
Da Galgos wie Chips sind und man nicht aufhören kann (Suchtgefahr), entschieden wir uns nach kurzer Zeit einen zweiten Galgo die Chance auf ein ruhiges Leben zu ermöglichen.
Aber das ist eine andere Geschichte...